In der Natur schlummern Geheimnisse, die oft übersehen werden. Trockene
Samen sind wahre Schatzkisten verborgener Kräfte. Tief in ihrem Inneren
"schlafen" Enzyme, die erst zum Leben erwachen, wenn die richtigen
Bedingungen herrschen. Ein faszinierender Transformationsprozess beginnt.
Doch
was genau verbirgt sich in diesen Samen? Welche Schätze werden durch
die Keimung enthüllt? In diesem Blogbeitrag werfen wir einen
detaillierten Blick auf die Energiequelle in Samen, die Vitaminkraft der
Keimlinge, die Schätze an Mineralstoffen und die unsichtbaren Helden
unserer Ernährung - die Ballaststoffe. Außerdem erfahren Sie, wie
die Keimung von Hülsenfrüchten deren Verträglichkeit
verbessert und wie Schutzstoffe in
Keimsprossen
zu echten Antioxidanten in Höchstform werden.
Begleiten Sie uns
auf eine Reise in die Welt der
Keimsprossen, in der die Natur ihre magischen Enzyme zum Leben erweckt und unsere
Ernährung auf faszinierende Weise bereichert.
Die Magie der Enzyme
In der Natur ruhen die trockenen Samen und in ihrem Inneren 'schlafen' alle
Enzyme, die beim Start ins Leben benötigt werden. Enzyme sind wahre
Wunderstoffe, die chemische Reaktionen ermöglichen und
beschleunigen.
Sobald die Samen mit Wasser in Berührung kommen und
die passende Temperatur herrscht, beginnt das Saatkorn seinen faszinierenden
Transformationsprozess zur Pflanze. Die schlafenden Enzyme erwachen zum
Leben! Gemeinsam mit den Enzymen, die während der Keimung neu gebildet
werden, setzen sie alle im Samen enthaltenen Nährstoffe frei, um das
Wachstum der Pflanze zu fördern.
Proteine, Fette und Kohlenhydrate: Die Energiequelle in Samen
In den Samen schlummert Energie in Form von Proteinen, Fetten und
Kohlenhydraten.
Chiasamen
und
Sonnenblumenkerne
punkten vor allem mit ihrem hohen Fettgehalt, der bis zu 50 % ausmachen
kann. Erbsen,
Linsen und
Mungbohnen, haben einen Fettanteil von nur etwa 1%, dafür sind sie reich
an Kohlenhydraten – ähnlich wie Quinoa und
Buchweizen.
Der spannende Keimungsprozess erfordert eine Menge Energie und senkt
insgesamt den Kaloriengehalt. Die Kohlenhydrate werden in dieser Phase zu
einfachen Zuckern abgebaut, die vom Körper schneller aufgenommen
werden. Interessanterweise zeigen Studien, dass der Verzehr von Keimsprossen
den Blutzuckerspiegel eher positiv beeinflusst und einen niedrigen
glykämischen Index (GI) aufweist. Dies könnte auf den Anstieg von
Phenolen (Schutzstoffen) und wasserlöslichen Ballaststoffen
während der Keimung zurückzuführen sein.
Während
des Keimungsprozesses werden die Proteine zu freien Aminosäuren
abgebaut. Der Fettgehalt in keimenden Samen nimmt ab, je länger die
Keimung dauert. Im Vergleich zu einem fetthaltigen Sonnenblumenkern ist ein
Sonnenblumenspross nahezu fettfrei.
Die Vitaminkraft der Keimlinge
Während des Keimungsprozesses steigt der Gehalt vieler Vitamine
signifikant an. Besonders beeindruckend ist der Anstieg der B-Vitamine wie
Riboflavin und Folat (synthetisch als 'Folsäure' bekannt). Riboflavin
findet sich in kleinen Mengen in den meisten Lebensmitteln, vor allem in
Fleisch. Dieses Vitamin spielt eine wichtige Rolle im Abbau von
Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen. Folat unterstützt die Bildung von
Zellen und roten Blutkörperchen und ist besonders in der
Schwangerschaft und während des Wachstums entscheidend
Auch
zusätzliches Vitamin A, genauer gesagt Karotin, wird während der
Keimung gebildet. Dieser Stoff wird im Körper zu Vitamin A umgewandelt
und spielt eine entscheidende Rolle für die Funktionen von Augen, Haut
und Schleimhäuten. Es ist besonders in der embryonalen Entwicklung von
großer Bedeutung.
Was Vitamin C betrifft, ist es anfangs in den
meisten Samen kaum vorhanden und wird erst während der Keimung
produziert. In Experimenten mit Buchweizen- und Quinoasamen, die zu Beginn
überhaupt kein Vitamin C enthalten, stiegen die Werte nach zwei oder
drei Tagen Keimung auf 24 bzw. 7 mg pro 100 g Keimsprossen an. Zum
Vergleich: Die empfohlene tägliche Zufuhr beträgt 95-110 mg
Vitamin C. Dieses Vitamin wirkt als Antioxidans im Körper und
unterstützt den Aufbau von Knorpel- und Knochengewebe.
Ein
weiteres Antioxidans, das ebenfalls während des Keimprozesses gebildet
werden kann, ist Vitamin E, das zum Schutz unserer Gewebe dient.
Was
Vitamin B12 angeht,
bieten Keimlinge leider nur wenig. Vor allem für Veganer ist es deshalb
wichtig, sich anderweitig mit diesem wichtigen Vitamin zu versorgen.
Mineralstoffe: Die Schätze der Samen
In Samen sind viele wertvolle Mineralstoffe enthalten, darunter
Eisen,
Magnesium,
Zink
und Kalzium. Doch diese Schätze werden von den Samen gehütet. Mit
Hilfe von Phytinsäure binden die Samen diese Mineralstoffe und machen
es für uns schwer, sie beim Verzehr zu absorbieren.
Aber
während der Keimung geschieht etwas Magisches: Die
Phytinsäuremoleküle geben Phosphor frei, um den Bedarf der
wachsenden Pflanze zu decken. Je mehr Phosphor freigesetzt wird, desto
weniger fest bindet sich die Phytinsäure an die anderen Mineralstoffe.
Dadurch werden auch diese Mineralstoffe für die heranwachsende Pflanze
und somit für uns, wenn wir Keimsprossen essen, verfügbar.
Mineralstoffe
sind unverzichtbar für eine Vielzahl von Prozessen im Körper. Wir
benötigen sie zwar nicht in großen Mengen, aber sie sind
entscheidend für unsere Gesundheit und müssen in unsere
Ernährung integriert werden.
Ballaststoffe: Die unsichtbaren Helden unserer Ernährung
Ballaststoffe
sind ein Geschenk aus pflanzlichen Lebensmitteln. Sie lassen sich grob in
zwei Typen unterteilen: wasserlösliche und wasserunlösliche. Die
wasserlöslichen Ballaststoffe lösen sich in Flüssigkeit auf
und bilden eine gelartige Konsistenz. Denken Sie nur an
Haferflocken, die zu Brei werden, oder an
Leinsamen,
die sich in warmem Wasser auflösen. Pektin aus Obst und Beeren ist ein
weiteres Beispiel für wasserlösliche Ballaststoffe. Die
wasserunlöslichen Ballaststoffe hingegen befinden sich oft in den
Schalen von Samen und Körnern.
Die Menge an löslichen und
unlöslichen Ballaststoffen kann in einem Lebensmittel variieren. Doch
durch die Keimung verändert sich diese Balance: Die Menge an
wasserlöslichen Ballaststoffen nimmt zu, während die
unlöslichen abnehmen. Insgesamt steigt jedoch der Ballaststoffgehalt
an.
Sowohl lösliche als auch unlösliche Ballaststoffe
verleihen unserem Essen Volumen. Die löslichen sorgen für ein
angenehmes Sättigungsgefühl, indem sie die Aufnahme von
Nährstoffen verlangsamen und den Blutzuckerspiegel stabilisieren. Die
unlöslichen hingegen unterstützen die Verdauung und fördern
die Darmgesundheit. Diese unsichtbaren Helden unserer Ernährung sind
essentiell, um uns gesund und zufrieden zu halten.
Gase und Hülsenfrüchte: Die Oligosaccharide-Transformation
Hülsenfruchtsamen, wie Bohnen, Linsen und Erbsen, enthalten Stoffe, die
beim Verdauen Gase produzieren und Blähungen verursachen können.
Diese Stoffe werden als Oligosaccharide bezeichnet und gehören zu den
Kohlenhydraten, die unsere Verdauungsenzyme nicht gut verarbeiten
können. Sie gelangen unverdaut in den Darm, wo sie von Darmbakterien
freudig aufgenommen werden. Als Dankeschön produzieren diese Bakterien
Methangas, Kohlendioxid und Schwefelsäure - Gase, die entweichen,
sozusagen.
Um die Gasbildung zu reduzieren, empfiehlt sich oft das
Einweichen der Hülsenfrüchte in mehrfachem Wasserwechsel.
Während des Keimungsprozesses nimmt die Konzentration dieser
gasbildenden Stoffe weiter ab, und nach zwei bis sechs Tagen Keimung
können sie nahezu vollständig abgebaut sein.
So wird das
Genießen von Hülsenfrüchten noch angenehmer und gasfrei!
Schutzstoffe in Keimsprossen: Antioxidantien in Höchstform
Antioxidantien sind unsere wertvollen Verbündeten, die unseren Körper vor Zellschäden und ranzigen Fetten schützen. Während der Keimung kann der Antioxidantiengehalt im Samen um beeindruckende 2.000 % steigen. Dieser Anstieg hat mehrere Gründe: Zum einen steigt der Gehalt an Vitaminen wie C, E und Karotin (die Vorstufe von Vitamin A), die selbst starke Antioxidantien sind. Zum anderen ist der gesteigerte Antioxidantiengehalt auf den Anstieg von Phenolen zurückzuführen. Phenole sind in allen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten und verleihen Geschmack, Duft und Farbe. Ihre Hauptaufgabe besteht jedoch darin, die Pflanze vor Fressfeinden zu schützen. Aufgrund ihrer entzündungshemmenden, antioxidativen, blutzucker- und cholesterinsenkenden Eigenschaften werden Phenolen positive Wirkungen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes und Allergien zugeschrieben. Schauen wir uns noch einen besonderen Keimling an, der Brokkoli Spross.
Brokkoli, im Kampf gegen Krebs
In unserem Blogbeitrag haben wir einen Blick in die faszinierende Welt der
Keimsprossen im Allgemeinen geworfen. Einen Keimspross möchte ich gerne
nochmal genauer unter die Lupe nehmen.
Brokkolisprossen, sie entwickeln während des Keimens einen Stoff der sich Sulforaphan
nennt. Sulforaphan ist ein Teil ihrer natürlichen Abwehrmechanismen
gegen Schädlinge und Krankheiten. Dieser sekundäre Pflanzenstoff
dient dazu, die Pflanzen zu schützen und ihr Überleben zu sichern.
Die Gründe, warum der Keimling Sulforaphan entwickelt sind folgende:
Abwehr
gegen Schädlinge: Sulforaphan ist eine Art chemische Waffe der Pflanze.
Wenn die Pflanze von Schädlingen oder Insekten angegriffen wird, kann
Sulforaphan freigesetzt werden, um diese abzuschrecken oder abzutöten.
Es hat eine abschreckende Wirkung auf viele Insekten und Tiere, die die
Pflanze fressen könnten.
Schutz gegen Krankheitserreger: Sulforaphan hat auch
antimikrobielle Eigenschaften und kann dazu beitragen, die Pflanze vor
Bakterien, Viren und Pilzen zu schützen. Es unterstützt die
Pflanze bei der Abwehr von Krankheiten, die sie befallen könnten.
Selbstregulierung des Pflanzenwachstums:
Sulforaphan kann das Wachstum der Pflanze selbst regulieren. Es kann
beispielsweise das Wachstum von bestimmten Zellen verlangsamen oder
fördern, je nach den Bedürfnissen der Pflanze.
Anpassung an Umweltbedingungen:
Sulforaphan kann in Reaktion auf Umweltfaktoren wie Licht, Temperatur und
Feuchtigkeit produziert werden. Dies ermöglicht der Pflanze, sich an
verschiedene Bedingungen anzupassen und ihre Überlebensfähigkeit
zu erhöhen.
Gut für uns, denn Brokkoli bzw Sulforaphan ist in
der Krebsforschung ein echter Star.
Sulforaphan im Rampenlicht:
Dieser Inhaltsstoff, der in vielen Kohlsorten vorkommt, darunter
Weißkohl, Rotkohl und Grünkohl, ist in der Krebsforschung ein
echter Star. Doch Brokkoli ragt mit der höchsten Konzentration von
Sulforaphan heraus.
Warum ist Sulforaphan so besonders?
Es hat die erstaunliche Fähigkeit, Krebszellen zu entgiften und ihr
Wachstum zu stoppen, indem es den programmierten Zelltod in Gang setzt.
Sogar gegen besonders hartnäckige Krebsstammzellen zeigt es seine
Wirkung.
Wo findet man Sulforaphan? Brokkoli ist der
wahre Champion! Abhängig von der Sorte und Frische kann eine Portion
Brokkoli bis zu 60 mg Sulforaphan enthalten. Noch beeindruckender sind
Brokkoli-Sprossen, die in einem Teelöffel so viel Sulforaphan enthalten
können wie ein ganzer Brokkoli-Kopf!
Faktencheck: Ein typischer Brokkoli aus dem Supermarkt (500 g) enthält etwa 55 mg Sulforaphan. Brokkoli-Sprossen können jedoch 20 bis 100 Mal mehr Sulforaphan als ein ausgewachsener Brokkoli enthalten. Eine echte Superkraft, die wir nicht unterschätzen sollten!
Quellen: https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/chirurgische-klinik-zentrum/allgemein-viszeral-und-transplantationschirurgie/forschung/pankreasforschung/sektion-pankreaskarzinomforschung/ag-molekulare-onkochirurgie/patienteninformationen